Freitag, 1. September 2006

Der Stachelhai Acanthodes: Ein Fisch ohne Zähne



Wiesbaden - Während der frühen Permzeit vor etwa 290 bis 260 Millionen Jahren schwammen in vielen Seen im Gebiet von Deutschland die später ausgestorbenen Stachelhaie (Acanthodier). In Mitteleuropa wird die frühe Permzeit wegen der teilweise auffällig rotgefärbten Gesteine aus diesem Zeitabschnitt auch Rotliegendzeit genannt. Ablagerungen aus dieser Zeit treten beispielsweise auf der linken Rheinseite bei Nierstein und Nackenheim unweit von Mainz und örtlich im Saar-Nahe-Gebiet besonders deutlich zutage.

Der Name Stachelhaie beruht auf den kräftigen Stacheln, die bei diesen Fischen jeweils den Vorderrand der Flossensegel stützten. Die Stachelhaie sind mit den echten Haien nicht verwandt und werden im weiteren Sinne zur Gruppe der Panzerfische (Placodermen) gerechnet.

In Schichten aus der Rotliegendzeit wird die Stachelhai-Gattung Acanthodes oft gefunden. Auf diesem Fundreichtum fußt der Name Acanthodes-Schichten im Thüringer Wald.

Von der Gattung Acanthodes sind aus der Rotliegendzeit zwei Arten bekannt sind: Eine davon ist die bis zu 20 Zentimeter lange Art Acanthodes bronni, die andere die kleinere Art Acanthodes gracilis.

Bei Acanthodes ist die Panzerung in ein aus vielen kleinen Knochenschuppen bestehendes Schuppenkleid abgewandelt. Die zahnlosen Stachelhaie ernährten sich offenbar von Plankton. Acanthodes gilt als guter Schwimmer, der wohl bevorzugt dicht unter der Wasseroberfläche in großen stehenden Gewässern lebte.

Zu Lebzeiten der Stachelhaie in der frühen Permzeit lagen die Lebensräume dieser Fische im damaligen tropischen Gürtel auf 10 Grad bis 20 Grad nördlicher Breite. Das heißt: Analog zu heutigen tropischen Seen herrschte in den oberen Wasserschichten eine Temperatur von ständig mehr als 20 Grad Celsius mit nur sehr geringfügigen Schwankungen.

An den einstigen Fundstellen der Stachelhaie in Rheinland-Pfalz sind seit 1986 Grabungen nach Fossilien gesetzlich verboten. Seitdem gibt es von dort keine Neufunde mehr. Es gelangen aber immer wieder Altfunde aus dem Besitz von Privatsammlern in den Fossilienhandel.

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Literatur:
Haubold, Hartmut: Die Lebewelt des Rotliegenden, Wittenberg 1983
Probst, Ernst: Deutschland in der Urzeit, München 1986

Hermann von Meyer: Ein Pionier der Wirbeltierpaläontologie

Von Ernst Probst



Christian Erich Hermann von Meyer kam am 3. September 1801 in Frankfurt am Main als Sohn des Juristen Johann Friedrich von Meyer (1772-1849) zur Welt. Sein Vater wurde 1825 Bürgermeister und Gesandter der freien Reichsstadt Frankfurt in der Bundesversammlung. Von Kindheit an litt Hermann unter einem körperlichen Gebrechen. Er hatte eine Art von Klumpfüßen, weswegen er nicht lange stehen oder gehen konnte.

Wegen seiner Behinderung war Hermann von vielen Kinderspielen, bei denen im Freien herumgetobt wurde, ausgeschlossen. Er genoss in seiner Familie eine sehr gute Erziehung. Von Mai 1808 bis Oktober 1815 besuchte er das Gymnasium in Frankfurt am Main. Als Gymnasiast wandte er sich der Mineralogie und Chemie zu. Mit Friedrich Wöhler (1800-1882), der später ein berühmter Chemiker wurde, führte Hermann als Jugendlicher im Hof seines Elternhauses chemische Versuche durch. Sein Taschengeld gab er fast ausschließlich für Mineralien, Reagentien und Druckschriften über Chemie und Mineralogie aus.

1818 arbeitete Hermann von Meyer zur Vorbereitung auf das Hüttenwesen im Kahler Glaswerk. Auf Wunsch seines Vaters absolvierte er von 1819 bis 1822 eine Lehre im Bankhaus Gebr. Meyer seines Onkels. Die Beschäftigung in der Bank befriedigte ihn nicht. Während dieser Zeit verzichtete er nicht auf seine chemischen Versuche zusammen mit Wöhler.

Ab Mai 1822 studierte der 21-jährige Hermann von Meyer an der Universität Heidelberg Mineralogie, Mathematik und Physik. Zu seinen akademischen Lehrern gehörten unter anderem die berühmten Wissenschaftler Heinrich Georg Bronn (1800-1862), Karl Cäsar von Leonhard (1779-1862) und Leopold Gmelin (1789-1853).

1824/1825 setzte Hermann von Meyer an der Universität München sein Studium fort. Dort ordnete er zusammen mit Franz von Kobell (1803-1882) die mineralogische Sammlung des bayerischen Staates und hatte in seiner Freizeit Kontakt mit Architekten, Bildhauern und Malern.

Im Juli 1825 lernte Hermann von Meyer den Arzt und Anatom Samuel Thomas von Sömmering (1755–1830) kennen. Auf dessen Veranlassung wurde er am 16. August jenes Jahres in die nach dem Frankfurter Arzt Johann Christian Senckenberg (1707-1772) benannte, 1817 gegründete Senckenbergische Naturforschenden Gesellschaft (SNG) aufgenommen. Er ordnete deren mineralogische und paläontologische Sammlung, entwickelte sich bald dank seiner Ausdauer, seines Scharfsinns und Zeichentalents vom Schüler zum Meister und war Mitredakteur und einer der Hauptautoren der Veröffentlichungsreihe "Museum Senckenbergianum".

Im Sommer 1827 wechselte Hermann von Meyer nach Berlin, betrieb dort naturwissenschaftliche Studien und pflegte die Geselligkeit. Täglich traf er sich mit der Schriftstellerin Bettina von Arnim (1785-1859) und lernte dank ihrer Hilfe bedeutende Künstler und Schriftsteller kennen.

1827/1828 leitete Hermann von Meyer in Nürnberg ein Institut für Glasmalerei, das unter anderem Arbeiten am Regensburger Dom ausführte. Am 10. Juni 1829 wurde er Mitglied der Leopoldinischen Akademie und erhielt den Beinamen „Scheuchzer", der an den schweizerischen Arzt, Mathematikprofessor und Naturforscher Johann Jakob Scheuchzer (1672-1733) erinnerte.

Am 9. November 1830 wurde Hermann von Meyer in Frankfurt am Main zum Diaconus der evangelisch-lutherischen Gemeinde gewählt, am 10. Oktober 1834 in die Bürgerrepräsentation aufgenommen und 1835 zum Senior des evangelisch-lutherischen Armenpflegeamts ernannt.

Mit großer Begeisterung unternahm Hermann von Meyer paläontologische Studien. Er besuchte die fossilienreichen Sandgruben von Eppelsheim in Rheinhessen sowie Fossilienfundstätten in Georgsmünd und Solnhofen.

Hermann von Meyer nahm an zahlreichen Versammlungen von Naturforschern in Europa teil. Ungeachtet seiner Abneigung gegen öffentliches Reden vor großem Publikum trug er zahlreiche Mitteilungen in den Sektionssitzungen vor. Sein Vortragsstil wird als klar, bündig, streng sachlich und seine Sprache als gewählt geschildert.

Der Gelehrte Hermann von Meyer verfasste mehr als 300 wissenschaftliche Publikationen, beschrieb viele Fossilien und gab ihnen einen wissenschaftlichen Namen. Unter anderem prägte er die Gattungsnamen Plateosaurus (1837) für einen Dinosaurierfund bei Heroldsberg unweit von Nürnberg, Rhamphorhynchus für einen Flugsaurier (1847), Stenopelix für einen Dinosaurier (1857) und Archaeopteryx (1861) für den Abdruck einer Feder eines Ur-Vogels aus Solnhofen.

Zeitgenossen rühmten die vorzügliche Allgemeinbildung Hermann von Meyers, sein großes handwerkliches und zeichnerisches Geschick sowie seine gerade und vornehme Gesinnung. Außerdem lobte man seinen ungewöhnlichen Fleiß, seine Ordnungsliebe, seine wundervoll organisierte Arbeit, seine ausgezeichnete Höflichkeit, seine feinen, weltmännischen Umgangsformen und seine Gottesfurcht.

1837 ernannte man Hermann von Meyer zum "Bundestags-Cassen-Controleur" in Frankfurt am Main. In dieser Zeit entfaltete er seine stärkste literarische Aktivität. Er begann sein Werk „Zur Fauna der Vorwelt", gründete zusammen mit Wilhelm Dunker (1809-1885) die „Paleontographica" und publizierte viele kleinere Abhandlungen. Von 1838 bis 1843 wirkte er als Sektionär für die „Osteologie" der SNG in Frankfurt am Main.

1845 erhielt Hermann von Meyer einen akademischen Grad dank einer Ehrenpromotion durch die philosophische Fakultät der Universität Würzburg. 1851/1852 fungierte er als Erster Direktor der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft.

Im März 1860 erhielt Hermann von Meyer einen Ruf als Professor der Geologie und Paläontologie an die Universität Göttingen, den er aber ablehnte. Er legte großen Wert auf die Unabhängigkeit seiner Stellung in der Wissenschaft und verzichtete stets auf Honorar für seine literarischen Arbeiten.

Ab 1. Januar 1863 arbeitete Hermann von Meyer als Bundestags-Cassier, was ihm vermehrte Arbeit einbrachte. Im selben Jahr bezeichnete man einen Berg in Neuseeland ihm zu Ehren als Mount Meyer. 1866 brachte er die "Bundescasse" vor den Preußen in Sicherheit, zunächst auf die Festung Ulm und dann nach Augsburg. Nach Kriegsende wickelte er die Liquidation der "Bundescasse" ab und wurde nach 30-jähriger Amtsführung zusammen mit den anderen Bundesbeamten pensioniert.

Bald danach erschwerte ein bösartiges Augenleiden Hermann von Meyer das Lesen und Schreiben. Am 2. April 1869 starb er nach einem Schlaganfall.

In einem Nachruf über ihn ist zu lesen: "Die große Zahl seiner Mitbürger, welche dem schön gewachsenen Mann in schwarzem Anzuge und dem wegen mißgebildeter Füße beschwerlichen Gang, den er durch einen Stock unterstützen mußte, auf seinen täglichen Spaziergängen um die Stadt begegnete, kannte ihn wohl nur als Bundes-Cassier; nur die wenigsten wußten, welche hohe Stellung derselbe sich in der Gelehrtenwelt errungen hatte".

Das Unwissen über die große wissenschaftliche Leistung Hermann von Meyers ist bis heute geblieben. In gedruckten heutigen Lexika wird der bedeutendste Wirbeltierpaläontologie Deutschlands unverständlicherweise nicht erwähnt


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LITERATUR

Hermann von Meyer -
Frankfurter Bürger und Begründer der
Wirbeltierpaläontologie in Deutschland
(Hermann von Meyer -
A Frankfurt citizen and pioneer
of vertebrate paleontology in Germany.)
Hrsg.: Keller, Thomas; Storch, Gerhard
2001. 47 Seiten, 27 Abbildungen, 3 Tabellen,
30x21 cm
(Kleine Senckenberg-Reihe, Band 40)
ISBN 3-510-61329-5
www.schweizerbart.de/pubs/books/sng/
kleinesenc-190104000-desc.html

Bielohlawek-Hübel, Gerold (Herausgeber): Hermann von Meyer. Aus: Wer fand den Urvogel? Die Geschichte des Archaeopteryx aus dem Altmühljura, Riedstadt 2005

Probst, Ernst: Deutschland in der Urzeit, München 1986

Struve, Wolfgang: Hermann von Meyer. Sonderdruck aus Senckenbergiana Lethaea, Band 48, S. 56-70, 1967. Aus der Geschichte des Senckenberg-Museums, 15: Zur Geschichte der Paläozoologisch-Geologischen Abteilung des Naturmuseums und Forschungs-Instituts Senckenberg. Teil I: von 1763 bis 1907, Frankfurt am Main, 22. 11, 1967

Mammutsitzungen gibt es nicht

Mammut

Wiesbaden – Die in den Medien, in der Politik und in der Wirtschaft oft gebräuchlichen Begriffe Mammutprogramm und Mammutsitzung im Sinne von etwas besonders Großem sind völlig fehl am Platz. Denn das eiszeitliche Mammut Mammuthus primigenius war in Wirklichkeit nicht das größte Rüsseltier, sondern mit einer Schulterhöhe von etwa 3 Metern kleiner als ein heutiger Afrikanischer Elefant. Darauf weist der Wiesbadener Wissenschaftsautor Ernst Probst in seinem Taschenbuch "Rekorde der Urzeit" hin.

Die größten Elefanten sind – laut Probst – die Waldelefanten (Palaeoloxodon antiquus) und Steppenelefanten (Mammuthus trogonterii) im Eiszeitalter gewesen, die eine Schulterhöhe von ca. 4,50 Metern erreichten. Er glaubt aber nicht, dass statt Mammutprogramm und Mammutsitzung künftig Waldelefanten- oder Steppenelefantensitzung gesagt werden wird.

Mammute existierten etwa vor 250.000 bis 12.000 Jahren in Europa., aber auch in Asien, Amerika und Afrika. Sie sind durch ein dichtes Fell mit bis zu 35 Zentimeter langen Wollhaaren und darüber liegenden Deckhaaren gut gegen Kälte geschützt gewesen. Außerdem hatten sie eine 3 Zentimeter dicke Haut und eine dicke Fettschicht. Ihre Stoßzähne waren bis zu 4 Meter lang und wogen pro Exemplar drei Zentner. Damit konnten sie Schnee wegschaufeln, um an die darunter befindliche pflanzliche Nahrung zu gelangen. Über das Aussehen der Mammute weiß man gut Bescheid, weil in Sibirien und Alaska insgesamt mehr als 40 Kadaver im Dauerfrostboden geborgen wurden.

Das Taschenbuch "Rekorde der Urzeit" präsentiert zahlreiche Rekorde aus der Erdgeschichte, Pflanzenwelt, Tierwelt und Menschheitsgeschichte. Ernst Probst schrieb auch die Bücher "Deutschland in der Urzeit", "Deutschland in der Steinzeit", "Monstern auf der Spur" (Drachen, Riesen, Einhörner), "Der Ur-Rhein" und "Höhlenlöwen".

Der Wissenschaftsautor Ernst Probst hat sich vor allem durch seine Bücher über die Urzeit, Steinzeit und Bronzezeit einen Namen gemacht. Diese Standardwerke stehen in vielen europäischen Bibliotheken, werden in der Fachliteratur, den Medien und in renommierten Lexika erwähnt.

Entdeckungsgeschichte des Berliner Urvogels in neuem Licht

UrvogelStrich

Was der Experte Dr. Helmut Tischlinger herausfand

Eichstätt – Die Entdeckungsgeschichte des wertvollsten Fossils aller Zeiten muss umgeschrieben werden. Der in den 1870-er Jahren am Blumenberg bei Eichstätt in Bayern gefundene und heute im Museum für Naturkunde in Berlin aufbewahrte Urvogel Archaeopteryx wurde früher entdeckt, als bisher in der Fachliteratur angegeben ist. Die Ehre, der Entdecker zu sein, gebührt einem anderen Mann. Außerdem ist die Fundschicht vermutlich älter, und am Skelett dieses Archaeopteryx erkannte man neue Einzelheiten.

Herausgefunden hat dies der Fossilien-Experte und anerkannte Urvogel-Forscher Dr. Helmut Tischlinger aus Stammham (Landkreis Eichstätt). Seinen Recherchen zufolge kam der Urvogel vom Blumenberg, der heute in der Fachliteratur wegen seines Aufbewahrungsortes als "Berliner Exemplar" bezeichnet wird, nicht im Herbst 1876, sondern vermutlich schon 1875 oder sogar 1874 ans Tageslicht. Entdecker war nicht der Landwirt und Gastwirt Johann Dörr (1841-1915), sondern der Landwirt, Steinbruch- und Sandgrubenbesitzer Jakob Niemeyer (1839-1906), genannt "Sandjakl", aus dem Ort Blumenberg (heute ein Stadtteil von Eichstätt).

Jakob Niemeyer, dessen einzige Kuh gerade verendet war, verkaufte den auf seinem Gelände geborgenen Urvogel für eine Kuh zum damaligen Wert von 150 bis 180 Mark an seinen Nachbarn Johann Dörr, der das noch im Stein verborgene Fossil als Flugsaurier fehldeutete und für 300 Mark an den Steuerberater Ernst Häberlein (1819-1896) aus Weidenbach bei Ansbach veräußerte. Häberlein präparierte das von einer dünnen Gesteinsschicht bedeckte Fossil, bemerkte als erster Federabdrücke und seine wahre Natur als Urvogel. Im April 1880 verkaufte er das Fossil für 20.000 Goldmark, was einer heutigen Kaufkraft von mindestens 500.000 bis 1 Million Euro entspricht, an den Industriellen Werner von Siemens (1816-1892). Dieser überließ den Urvogel großzügigerweise zum selben Preis, der im April 1881 und im April 1882 in zwei Raten von je 10.000 Goldmark bezahlt wurde, dem damaligen "kgl. Mineralogischen Museum der Universität Berlin".

Die neuen Fakten über die Entdeckungsgeschichte des "Berliner Exemplars" verdankt Helmut Tischlinger der Eichstätter Steinbruchbesitzerin und Firmenleiterin Gunda Mayer. Sie wandte sich im Frühjahr 2005 an ihn, um aus ihrer Familienüberlieferung Details zur Fundgeschichte des "Blumenberger Urvogels" (heute "Berliner Exemplar") weiterzugeben. Sie stammt aus einer der Steinbruch-Dynastien vom Blumenberg bei Eichstätt. Ihr Urgroßvater Jakob Niemayer betrieb zur Entdeckungszeit des Urvogels einen Steinbruch und eine Sandgrube am südöstlichen Ortsrand des Ortes Blumenberg.

Gunda Mayer konnte Helmut Tischlinger genau die Stelle zeigen, wo einst das "Berliner Exemplar" ans Tageslicht gekommen war und wo sich heute ein Wiesengelände befindet. Dort existieren laut Geologischer Karte von Bayern nicht die sonst überall auf dem Blumenberg anstehenden Oberen Schichten des Weißjura, sondern ältere Untere Solnhofener Schichten des Weißjura. Wenn das "Berliner Exemplar" tatsächlich aus letzteren Schichten stammt, wäre es der geologisch älteste aller bisherigen zehn Urvogelfunde.

Früher hatte es irrtümlich geheißen, das "Berliner Exemplar" sei im Steinbruch von Johann Dörr entdeckt worden. In Wirklichkeit besaß Dörr aber, wie Tischlinger ermittelte, zur Fundzeit noch keinen Steinbruch, sondern erst viel später.

Helmut Tischlinger nahm 2003, 2004 und 2005 am "Berliner Archaeopteryx-Exemplar" umfangreiche Untersuchungen unter langwelligem ultraviolottem Licht mit einer verbesserten Filterungstechnik vor. Dabei konnte er mehrere bisher unklare Einzelheiten des Skelettbaus unterscheiden und wissenschaftlich beschreiben.

Untersuchungen am Schultergürtel des "Berliner Urvogels" durch Tischlinger zeigten, dass dieser nicht gut und ausdauernd fliegen konnte. Er habe eher wie ein Hühnervogel gelebt.

Überraschenderweise stellte sich zudem heraus, dass die Reste der Federn nicht nur als Abdruck, sondern stellenweise auch als dunkler Substanzfilm erhalten sind. Die Federreste stimmen in ihrem Bau mit Federn moderner Vögel überein. Tischlinger vermutet, der Urvogel sei rebhuhnfarben gemustert gewesen.

In der Zeitschrift "Archaeopteryx" des Jura-Museums Eichstätt schilderte Tischlinger auch, wie das "Berliner Archaeopteryx-Exemplar" gegen Ende des Zweiten Weltkrieges vor Zerstörung bei Luftangriffen oder Abtransport nach Russland bewahrt wurde. Als die Bombardements zunahmen, entfernte man im Museumskeller einige Bodenplatten, hob eine Grube aus, versenkte darin den Urvogel in einer feuerfesten Stahlkassette zusammen mit dem Kopf eines riesigen Dinosauriers aus Afrika. Danach tarnte man das Versteck mit Sand- und Bodenplatten so gut, dass es bei Kriegsende nicht aufspürbar war.

Literatur:
Ernst Probst: Archaeopteryx - Die Urvögel aus Bayern
Bestellung bei Amazon:
http://www.amazon.de/Archaeopteryx-Die-Urv%C3%B6gel-aus-Bayern/dp/3656242372/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1344704220&sr=1-1

Das Paläontologische Museum Nierstein

Der Museumsgründer Arnulf Stapf



Die Geschichte des Paläontologischen Museums Nierstein begann im Spätsommer 1945. Damals entdeckte der neunjährige Schüler Arnulf Stapf aus Nierstein beim Angeln am Rhein zufällig ein Geröll mit Flittern von Blattgold. Dies war der Auslöser dafür, dass er in der Folgezeit die Gerölle am Rheinufer aufmerksam beobachtete.
Gold fand der kleine Arnulf Stapf nicht mehr, aber dafür Muscheln und Schnecken, die ihn bald mehr interessierten als die geangelten Fische. An der Bahnstrecke zwischen Nierstein und Nackenheim stieß Arnulf als Zehnjähriger auf Schotter zum Unterbau der Gleisanlagen, die aus dem Abraum des saarländischen Kohlereviers stammten und Pflanzenfossilien aus dem Karbon enthielten.
Während eines Sommerurlaubs bei seinem Onkel in Alzey lernte der Schüler Arnulf Stapf auch die fossile Tierwelt des Oligozän kennen. Der Untermieter des Onkels hatte den Jungen in die Sand- und Kiesgruben der Alzeyer Umgebung geführt, wo er Haifischzähne, Schnecken und Muscheln bergen konnte.
Fortan ließ Arnulf Stapf die Liebe zu Fossilien nicht mehr los. Besonders beeindruckte ihn das oft hohe geologische Alter von vielen Millionen Jahren dieser Zeugen der Erdgeschichte.
Die Wohnung der Eltern von Arnulf Stapf in Nierstein erwies sich im Laufe der Zeit zu klein für die immer mehr wachsende Fossiliensammlung.

Gründung des Museums

Es war ein Glücksfall, dass der Bürgermeister von Nierstein. Paul Hexemer, die Bedeutung der Fossiliensammlung von Arnulf Stapf erkannte. Nach Fertigstellung des Neuen Rathauses Anfang der 1970-er Jahre stellte Hexemer im Alten Rathaus ein Zimmer für die Stapf'sche Sammlung als Ausstellungsraum zur Verfügung.
Dank der Spenden von Privatpersonen und Firmen konnten die ersten Vitrinen angeschafft werden. Der Vater von Arnulf Stapf entwickelte sich zum versierten Museumsführer durch die Ausstellung.
1973 wurde das Paläontologische Museum Nierstein offiziell eröffnet. Es verfügt heute über vier Räume im ersten Stock des Alten Rathauses von Nierstein. Die Ausstellung ist seit der Gründung jeden Sonntag geöffnet, der Besuch ist kostenlos.
Beim Suchen von Fossilien kam der Elektriker Arnulf Stapf, der unter anderem Waschmaschinen reparierte, im In- und Ausland mit vielen Gleichgesinnten zusammen. Seine Reisen zu Fossilienfundstätten führten ihn nach Gotland, Schottland, Wales, Frankreich, Belgien, Österreich, in die Tschechoslowakei und nach Nordafrika.

Der Förderverein

1974 erfolgte die Gründung des "Vereins der Freunde des Niersteiner Paläontologischen Museums e. V.". Der Verein hatte 2005 rund 250 Mitglieder, darunter sind engagierte Fossiliensammler und renommierte Wissenschaftler. Die Mitglieder treffen sich an jedem ersten Freitag eines Monats zum Stammtisch und zu wissenschaftlichen Vorträgen.
Zum tüchtigsten Mitstreiter von Arnulf Stapf entwickelte sich sein Sohn Harald, der beruflich als Designer arbeitet. Er barg und präparierte zahlreiche bedeutende Fossilfunde, erwarb sich Verdienste bei der Präsentation des Paläontologischen Museums Nierstein und gilt als renommierter Amateurpaläontologe.

Ehrungen für Arnulf Stapf

1978 wurde die große Leistung von Arnulf Stapf, zahlreiche Zeugen aus allen Epochen der Erdgeschichte zusammengetragen zu haben und in einem Museum zu zeigen, gewürdigt: Damals erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Auch in die Annalen der Paläontologie ging Arnulf Stapf ein: Nach ihm sind eine fossile Muschel (Chlamys stapfi) aus dem Oligozän und die älteste Eintagsfliege (Misthodotes stapfi) Mitteleuropas aus dem Perm benannt. Über das Paläontologische Museum Nierstein wurde oft in Zeitungen, im Rundfunk und im Fernsehen berichtet.
Arnulf Stapf und sein Sohn Harald führen jeden Sonntag – oder sonst nach Vereinbarung – Besucher/innen persönlich und kostenlos durch das Paläontologische Museum. Bis 1993 wurde die Ausstellung bereits von mehr als 250.000 Interessierten, darunter vielen Professoren und Studenten, besucht

Die Ausstellung

Das Paläontologische Museum Nierstein präsentiert rund 2000 Fossilien aus allen Perioden der Erdgeschichte. Die Ausstellungsobjekte wurden mehr als 30 Jahre lang allein von Arnulf Stapf und später mit Hilfe seines Sohnes Harald und vieler Freunde zusammengetragen. Schwerpunkte der sehenswerten Schau sind Pflanzen- und Tierfossilien aus der Rotliegend-Zeit (Perm) von Nierstein in Rheinhessen sowie aus dem Saar-Nahe-Gebiet (Odernheim, Jeckenbach, Sobernheim), Fische aus dem Devon von Schottland, Mollusken aus dem Alttertiär des Pariser Beckens, Insekten und Fische aus dem Tertiär von Süd-Frankreich und Rheinhessen, Pflanzen und Insekten aus dem Pliozän von Willershausen, versteinertes Holz aus dem Raum Leipzig.

Literatur

Fossilien aus dem Paläontologischen Museum Nierstein wurden in populärwissenschaftlichen Büchern und wissenschaftlichen Abhandlungen beschrieben und abgebildet:
Ernst Probst: Deutschland in der Urzeit, München 1986
Ernst Probst: Rekorde der Urzeit, München 1996
Freunde des Paläontologischen Museums Nierstein: Fossile Kostbarkeiten, Nierstein 1992

Lesetipp

Paläontologisches Museum Nierstein
http://www.museum-nierstein.de

Auch in Deutschland jagten riesige Laufvögel

Diatryma

Wiesbaden - In grauer Vorzeit haben auch in Deutschland riesige Vögel gelebt, die sogar kleine Säugetiere jagten. Auf diese wenig bekannte Tatsache weist der Wiesbadener Wissenschaftsautor Ernst Probst in seinem Taschenbuch "Rekorde der Urzeit" hin.

Nachfolgend eine Leseprobe aus "Rekorde der Urzeit":

Als der älteste und größte Laufvogel Europas gilt der 2 Meter große Gastornis, der im Paläozän vor etwa 60 Millionen Jahren in Frankreich lebte. Er hatte einen großen Schädel, ein kleines Flügelskelett und riesenhafte Füße.

Der größte Laufvogel Deutschlands existierte im Eozän vor etwa 45 Millionen Jahren. Er war knapp 2 Meter hoch und wird Diatryma genannt. Reste von diesem räuberischen Vogel, der selbst kleine Säugetiere nicht verschmähte, wurden im Geiseltal bei Halle/Saale (Sachsen-Anhalt) und in der Grube Messel bei Darmstadt (Hessen) geborgen. Diatryma ist auch aus Nordamerika bekannt.

Der größte flugfähige Vogel dürfte der mit den Geiern verwandte Argentavis magnificens aus Argentinien gewesen sein, der dort im Miozän vor etwa 8 bis 5 Millionen Jahren heimisch war. Seine Flügelspannweite betrug etwa 7,20 Meter. Er war doppelt so groß wie der heutige Andenkondor, der mit einer Flügelspannweite von 3,30 Metern als der größte fliegende Vogel der Gegenwart gilt.

Die größten Strauße lebten vor mehr als 2000 Jahren in Neuseeland. Der dort vorkommende Moa (Dinornis maximus) war bis zu 3,60 Meter groß.

Als schwerster Vogel gilt der Madagaskarstrauß (Aepyornis maximus), der noch vor etwa 2000 Jahren auf Madagaskar existierte. Er dürfte das Vorbild für die Legende vom sagenhaften „Vogel Rock“ gewesen sein, der angeblich sogar Elefanten ergreifen und mit ihnen davonfliegen konnte. Das Gewicht des Madagaskarstraußes wird auf etwa 450 Kilogramm geschätzt.

Raffte eine Grippe die Dinosaurier hinweg?

HaraldStapfgross

Nierstein am Rhein - Zum rätselhaften Aussterben der Dinosaurier gegen Ende der Kreidezeit vor etwa 65 Millionen Jahren könnte eine aggressive Grippe, ähnlich der heutigen Vogelgrippe, beigetragen haben. Diese aufsehenerregende Vermutung äußerte Harald Stapf, einer der beiden Betreiber des renommierten Paläontologischen Museums Nierstein unweit von Mainz. Auf diese Idee kam er, als er im Museum zusammen mit einem Freund Eier von Dinosauriern betrachtete.

Schützenhilfe bekam Harald Stapf vom Schweriner Zoologen Dr. Wolfgang Zessin. Dieser Experte glaubt zwar wie viele andere Wissenschaftler, dass ein folgenschwerer Meteoriteneinschlag auf der Erde den Dinosauriern den "letzten Rest" gegeben haben könnte, findet aber die Idee einer "Dinosaurier-Grippe" interessant.

Viren gäbe es, so lange Leben auf der Erde existiere, erklärte Zessin. Da die Ära der Dinosaurier mehr als 150 Millionen Jahre lang währte, müsse es noch andere Gründ für ihr Aussterben gegeben haben. Eine Grippewelle könnte tatsächlich bereits vor dem Meteoriteneinschlag ganze Arten von Dinosauriern befallen haben. Flugsaurier könnten das Virus, so wie heute Wildvögel die Vogelgrippe, weltweit verbreitet haben.

Harald Stapf nimmt seine Theorie selbst nicht tierisch ernst. Viruserkrankungen können nach so vielen Millionen Jahren nicht nachgewiesen werden, räumt er ein. Aber es mache doch Spaß, mal ein bisschen rumzuspinnen, erklärte er gegenüber einer Lokalzeitung. Im Artikel dieser Zeitung hieß es, vielleicht habe der Amateurforscher aus dem kleinen Nierstein ja große Wissenschaftler von renommierten Instituten zum Nachdenken angeregt.

Foto oben: Harald Stapf neben einem Ei des Dinosauriers Hypselosaurus aus der späten Kreidezeit vor mehr als 65 Millionen Jahren aus Aix en Provence in Frankreich. Foto: Arnulf Stapf

Bild unten: Dinosaurier aus der frühen Kreidezeit vor etwa 120 Millionen Jahren in Deutschland

DinosaurierKreide_01

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Lesetipp:
Arnulf Stapf und sein Lebenswerk:
Das Paläontologische Museum Nierstein
http://dinosaurier-news.blog.de/2005/09/07/arnulf_stapf_und_sein_lebenswerk_das_pal~167616

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